Cash-for-Work-Projekt 2021: Neues Land für eine neue Zukunft
Ausgangssituation:
In den letzten Monaten hat sich die im Libanon schon seit dem Bürgerkrieg latente Krise durch die offizielle „Declaration of Default“, die Corona-Krise, die weiterhin enorme Zahl an Flüchtlingen aus Syrien und die jüngste Katastrophe von Beirut dramatisch zugespitzt.
Im Kontext dieses Projektes ist sehr wichtig anzumerken, dass der Libanon, ein ursprünglich sehr fruchtbares Agrarland, in den letzten Jahrzehnten die landwirtschaftliche Produktivität systematisch zugunsten des Dienstleistungsgewerbes (z.B. Banken) heruntergefahren hat. Deshalb muss das Land seit geraumer Zeit einen Großteil seiner Lebensmittel importieren und daher mit ausländischen Devisen bezahlen, die jeden Tag seltener und teurer werden.
Die Ebene von Marjayoun:
Die Region Marjayoun ist durch eine Reihe spezifischer Herausforderungen gekennzeichnet: die Nähe zur israelischen Grenze, eine vom Agrarsektor dominierte Wirtschaft mit besonders geringen öffentlichen Investitionen und einer hohen Arbeitslosigkeit. Um die Folgen von COVID-19 abzuschätzen, führte AVSI im April 2020 eine einfache Bewertung in diesem Gebiet durch. Schon diese erste Abschätzung zeigt alarmierende Auswirkungen der Krise auf die lokalen Bevölkerungsgruppen auf: fast 90% der Haushalte werden früher oder später auf die Zulieferung von Nahrungsmitteln angewiesen sein. Wesentlicher Grund sind die durch Ausgangssperren und Bargeldbeschränkungen stark reduzierten Möglichkeiten, an Geldmittel zu kommen. So haben praktisch alle befragten Haushalte einen extremen Bedarf an Bargeld. Beinahe die Hälfte der Befragten haben ohnehin schon enorme Schulden.
Das Projekt als Hilfe in diesem Kontext:
Dieses Projekt will drei Herausforderungen in Angriff nehmen, die sich mit der Krise besonders verschärft haben:
- Die dramatische wirtschaftliche Situation, die, wie wir aus persönlichen Kontakten und den Medien wissen, schon in extremen Lebensmittel-Engpässen bis hin zum Hunger gipfelt.
- Die Spannung zwischen Einheimischen und Flüchtlingen, die durch die Verarmung breiter einheimischer Bevölkerungsschichten immer mehr zunimmt.
- Die Spannung zwischen den Religionen, die leider auch wieder von bestimmten Interessensgruppen unter Ausnutzung der wirtschaftlichen Situation geschürt wird.
Aktivitäten des Projektes:
Die 2.6 Hektar große ehemalige Klostergärtnerei eines verlassenen Klosters sowie zwei brachliegende Felder in der Ebene von Marjayoun/Sarada-Ebene sollen durch 42 Arbeiter (bedürftige Einheimische und syrische Flüchtlinge) wieder nutzbar gemacht werden. Dieses Projekt soll das dafür notwendige Material finanzieren sowie die Löhne der Arbeiter im Rahmen eines Cash-for-Work Programmes.
Das so wieder nutzbar gemachte Agrarland soll für die Bewohner der Umgebung Arbeitsplätze schaffen und unter anderem der lokalen Landwirtschaft als Genossenschaft für die Produktion von Saatgut zur Verfügung stehen – ein extrem wichtiger Beitrag in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation des Libanon, die dringender denn je Lebensmittel aus Eigenproduktion braucht.
Die Produktion des durch die "Cash for Work"-Komponente zurückgewonnenen Landes wird unter den Begünstigten verteilt, sobald der Produktionszyklus dies zulässt. Es wurde berechnet, dass insgesamt bis zu 88 Haushalte von der Verteilung der Lebensmittelkörbe profitieren könnten. Zu diesen Haushalten gehören die 42 "Cash for Work"-Teilnehmer und weitere 46 bedürftige Haushalte in dem Gebiet. Insgesamt werden 368 bis 440 Personen von der Verteilung profitieren, je nach der endgültigen Größe der beteiligten Haushalte. Mit dieser Verteilung soll einem doppelten Bedürfnis entsprochen werden: zum einen soll die Ernährungssicherheit der betroffenen Begünstigten (und ihrer Haushalte) gestärkt werden, zum anderen soll der Betrag, den jeder Arbeiter durch das Cash for Work erhält, ergänzt werden.
Ganz im Sinne des Kernanliegens von Support und AVSI, die Personen in ihrer Gesamtheit zu unterstützen, werden die Teilnehmer dieses Projektes entsprechend ihrer individuellen Situation durch Alphabetisierungskurse und generelle praktische Trainings in ihrer unmittelbaren Lebenskompetenz gestärkt. Besondere Aufmerksamkeit wird in diesem Sinne den Frauen gewidmet: Der im Rahmen dieser Aktion angebotene Kurs zielt darauf ab, die Autonomie der Frauen sowie ihre Fähigkeit zu stärken, sich an der Unterstützung ihrer Familie und ihrer Kinder zu beteiligen. Außerdem bietet er einen Raum, in dem sie ihre Probleme diskutieren können sowie die Möglichkeit haben, an Sensibilisierungssitzungen zu relevanten Themen im Zusammenhang mit Gesundheit, Hygiene, elterlichen Fähigkeiten usw. teilzunehmen.
Auch die Männer werden von Life-Skills-Sitzungen profitieren, die eine Reihe von Themen abdecken, welche für die Selbstbestimmung, den sozialen Zusammenhalt und das Bürgerbewusstsein sowie die positive Führung relevant sind – insbesondere enthalten diese Trainings auch Elemente zur Vorbeugung von Gender-Based-Violence und sowie eine Hilfestellung, Konflikte friedlich zu lösen.
Mitgefördert wurde das Projekt von den Schmitz-Stiftungen im Rahmen der Zulassung für die Beantragung von Fördermitteln beim BMZ.